Interview eines Masterers

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RainerK

Interview eines Masterers

Beitrag von RainerK » Mi 23. Jan 2008, 08:07

Gefunden:
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Es grüßt RainerK

Interview eines Masterers

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SAM
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AH

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von AH » Di 29. Jan 2008, 11:08

Hallo Rainer,
Aufnahmen mit nur einem Stereo-Hauptmikrofon haben selbstverständlich unüberhörbare Nachteile und ich stimme Dir bezüglich der Grundaussage vollkommen zu.
Jedoch haben die Klangbilder von Aufnahmen mit nur einem Stereo-Hauptmikrofon auch Vorteile (geringe Hör-Ermüdung), die solchen Aufnahmen m.E. eine gewisse Existenzberechtigung gewähren. Die unbestreitbaren Nachteile solcher Aufnahmen treten m.E. dann weniger hervor, wenn das Ensemble nicht zu groß und/oder sehr ausgewogen ist und der Aufnahmeraum nicht besonders hallig.
Beim normalen Griff ins CD-Regal (im Genre "Klassik") ist es nach meiner Erfahrung nicht eine Unzahl von Hauptmikrofon-Matschepampe, die mich stört, sondern eine Unzahl von Hall-Matschepampe. Bei der Wahl der Aufnahmeräume oder der Anwendung synthetischen Halles existiert seit Jahren eine Tendenz in Richtung mehr Hall. Streichquartette gehören z.B. meiner Ansicht nach nicht in eine Kirchenakustik, wie dies z.B. beim Alban Berg Quartett der Regelfall ist. Feinheiten bezüglich Artikulation und Phrasierung und auch die Durchhörbarkeit eines komplexeren Satzes bleiben heutzutage m.E. allzuoft im Hallsumpf stecken. Davon ist nicht nur Kammermusik betroffen, sondern auch sinfonische Musik.
Ich als Liebhaber eher "trockener" Klangbilder habe es jedenfalls zunehmend schwer, solche Klangbilder zu finden.
Ich möchte damit keineswegs für Kirchenorgeln in Besenkammern plädieren und auch sakrale Vokalmusik gefällt mir mit Hall viel besser, jedoch scheint mir das Gefühl für eine dem Genre angemessene Hallbalance zurückzugehen, wahrscheinlich einfach, weil die Käufer mehr Hall besser finden.
Gruß
Andreas
RainerK

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von RainerK » Di 29. Jan 2008, 11:56

Kammermusik ist KAMMERmusik
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an ein Kammermusikstudio beim damaligen SFB in der Masurenallee,
daß trotz Parkettboden, Fensterfläche ohne Vorhänge und ca. 12x8x5m (LxBxH) Wohnzimmeratmosphäre hatte.
Soweit ich mich erinnere, waren da in den Längswänden und einer Schmalseite
verstellbare Absorber von enormer Dicke über die volle Wandhöhe und -breite.
Aufnahmen aus dem Raum mit Hall zu versehen, hätte etwas von Blasphemie gehabt.
Es grüßt RainerK
Dirk F

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von Dirk F » Di 29. Jan 2008, 12:48

Hallo,
solange aber Kritiker z.B. Opernaufnahmen mit "Originalakustik" verurteilen als zu direkt - obwohl bloss wenig Hall im Opernhaus - dann bleibt es schwierig, Auftraggeber davon zu überzeugen, repertoiregerechte Aufnahmeräume zu mieten...
Gr.
Dirk
pkautzsch

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von pkautzsch » Di 29. Jan 2008, 14:37

Ich wage zu behaupten, daß zumindest manche Kritiker Aufnahmen als "zu direkt" bezeichnen, obwohl sie von der Akustik her gar nicht sehr direkt im Sinne von "wenig oder kurzer Nachhall" sind. "Direkt" kann unter Nicht-Tonis auch Begriffe wie "präsent", "höhenreich" oder auch "laut" bezeichnen. Gerade bei Opernaufnahmen ist ja auch die Schwierigkeit des Orchestergrabens, der zwar für den "typischen" Opernklang verantwortlich ist, tontechnisch jedoch nicht gerade ideal. Vielleicht meint mancher Kritiker auch "das Orchester ist weniger topfig als es der Zuhörer in der 8. Reihe hört", wenn er von "zu direkt" schreibt.
Dirk F

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von Dirk F » Di 29. Jan 2008, 17:43

Genau, das war auch was ich meinte. Viele Aufnahmen, die sehr räumlich sind bloss wenig Nachhall besitzen, werden oft als "kalt" oder "direkt" bestempelt, obwohl das ja gar nicht der Fall ist. Es ist schon schade, dass auf diese Weise doch recht oft der künstlerische Anspruch gesenkt wird, denn ist es ja viel interessanter, ein bestimmtes Stück mal in einer anderen Akustik zu hören. Leider jedoch hat sich bei vielen eine Hörgewohnheit eingeschlichen, die Hall als wichtiges Kriterium ansieht. Wenn der dann nicht merkbar anwesend ist, muss er halt dazugemischt werden. Es wird halt selten die Musik angehört, obwohl der Endkunde meiner Meinung nach dieses durchaus tut.
Gr.
Dirk
pkautzsch

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von pkautzsch » Di 29. Jan 2008, 23:53

Kammermusik ist KAMMERmusik
pkautzsch

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von pkautzsch » Di 29. Jan 2008, 23:55

Was ich mich frage: wird so ein "zu direkt"-Kritiker denn die Aufnahme besser finden, wenn einfach bloß ein bißchen Matsch dazugehallt wird?
Notredamus

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von Notredamus » Mi 30. Jan 2008, 00:44

In den letzten Jahren hat sich, aus welchen Gründen auch immer, selbst bei Klassik eine dichte Mikrofonaufstellung zu den Schallquellen eingebürgert. Da muss eben Hallsoße rauf, um einfach nicht zu nah zu klingen. Ein Streichquartett auf meinem Schoß klingt wirklich nicht gut.
Dirk F

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von Dirk F » Mi 30. Jan 2008, 04:10

Hallo,
den Eindruck habe ich aber nicht. Wenn man sich Aufnahmen aus 1960 oder 1970 anhört oder früher, sind die meist wesentlich direkter aufgenommen, als heute. Schon wegen der Auflösung des Endmediums 'CD' hat sich seit Mitte 1980 eher ein Trend des "weiter weg" eingesetzt, würde ich sagen. Mir fällt so keine ältere Aufnahme in meinem Schrank ein, wo ich deutlich das Gefühl habe, sie sei mit weiter entfernten Mikrofonen aufgenommen.
Gr.
Dirk
Dirk F

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von Dirk F » Mi 30. Jan 2008, 04:12

Genau! Und wenn man sich die heute mal anschaut - in Tschechien z.B. hat es ja noch sehr viele erhaltene "Musikzimmer" - dann sind sie erstaunlich hallig. Wird aber sicherlich mit der damaligen Möbilierung und Publikumsbesetzung anders sein.
Dirk
AH

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von AH » Mi 30. Jan 2008, 15:26

Hallo,
bei den "großen" Labels habe ich den beschriebenen Trend zur näheren Mikrofonierung und reichlich Hall ebenfalls beobachtet.
Kleinere Labels verwenden aber auch gerne sehr reichlich "natürlichen" Hall, d.h. einen halligen Aufnahmeraum (z.B. Kirche) und keine besonders nahe Mikrofonierung.
Nach meiner Erfahrung sind hallige Aufnahmen deutlich toleranter gegen schlechte Hörbedingungen. Ich vermute, daß u.a. darin ein Grund für den zunehmenden Hall zu suchen ist.
Aufnahmen, die ohne starken Hall eine gewisse Räumlichkeit und Distanz vermitteln, tun dies aufgrund des aufnahmeseitigen Musters an diskreten Reflexionen. Das wird im durchschnittlichen Wohnzimmer von den Reflexionen des Wohnzimmers überlagert, worunter das Klangbild und die Raumwirkung nach meiner Erfahrung stark leidet.
Eine auf Hall basierte Raumwirkung scheint mir dagegen ziemlich robust gegen die Hörbedingungen zu sein.
Weiterhin scheinen stark hallige Aufnahmen nach meiner Erfahrung deutlich toleranter bezüglich eines nicht idealen Betriebsschallpegels zu sein, d.h. Klangverfärbungen aufgrund eines wenig optimalen Betriebsschallpegels treten viel weniger in Erscheinung.
Eine wenig hallige Aufnahme eines Flügels z.B. benötigt nach meiner Erfahrung tatsächlich 100Hz...2kHz +/- 1dB am Hörplatz (bei Terzmessung), damit es wirklich angenehm und unverfärbt klingt, hallige Aufnahmen sind diesbezüglich nach meiner Beobachtung viel toleranter.
Insgesamt freue ich mich grundsätzlich über stilistische Vielfalt bei den Klangbildern. Das von mir v.a. für Kammermusik (aber auch einige andere Genres) bevorzugte Klangbild mit einer gewissen Raumwirkung/Distanz, jedoch mit nur wenig direkt merkbarem Nachhall scheint aber leider z.Zt. nicht in Mode.
Die Konzertsäle werden anscheinend auch immer halliger (womöglich, weil die Hörer das so von den Tonträgern gewöhnt sind). Vor längerer Zeit las ich einen Artikel über den Wiederaufbau von "La Fenice", wo ein Akustiker recht stolz über den verlängerten Nachhall (RT60 ~ 1,3s, statt bisher ~ 1s) des wiederaufgebauten Opernhauses berichtete und durchblicken ließ, daß eigentlich nur ein Neubau mit größerem Volumen und noch längerer RT60 die richtige Lösung gewesen wäre, was jedoch - leider, leider - bei diesem historischen Bau nicht möglich gewesen sei.
Gruß
Andreas
hafi69

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von hafi69 » Mi 30. Jan 2008, 16:53

""Schon wegen der Auflösung des Endmediums 'CD' hat sich seit Mitte 1980 eher ein Trend des "weiter weg" eingesetzt, würde ich sagen.""
Würde ich pauschal auch nicht unterschreiben,
was ich aber gar nicht verstehe ist der Zusammenhang "Mikrofonabstand" zu "CD-Auflösung"...
Dirk F

Re: Akustische Matschepampe

Beitrag von Dirk F » Do 31. Jan 2008, 03:35

Was früher alles verloren gegangen ist zwischen Aufnahmesitzung und Vynilplatte, ist heute kaum mehr vorstellbar. Das musste auf der Aufnahmeseite kompensiert werden. Bei der CD ist man da schon näher dran.
Dirk
Dirk F

Re: Akustische Matschepampe - Nachtrag

Beitrag von Dirk F » Mi 30. Jan 2008, 04:15

Ganz vergessen - heutzutage ist die Wahl des Aufnahmeortes auch weniger ideal, als früher. Ein Konzertsaal kostet eben viel, und die meisten Aufnahmen haben dieses Budget nicht mehr. So muss man halt z.B. ein sinfonisches Blasorchester im Proberaum aufnehmen, es soll aber repertoirebedingt "sinfonisch" klingen. Da kann man mit den Mikrofonen nicht zu weit weg gehen, möchte man noch die richtigen Klangfarben einfangen.
Gr.
Dirk
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