Grenzflächenmikrofonie...

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ml

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von ml » Sa 9. Feb 2008, 01:00

Eine anderen Idee ist die Verwendung von kleinen Mikros die man an Notenstativen anbringen kann
(Clipmikros wie Beta98 oder abgesetzte Kapselsysteme).
Allerdings auch mit Einschränkungen: Selten steht ein Notenpult in der Abstrahlrichtung der Instrumente - und was sich auch nicht mit dem EQ ausgleichen läßt.

Re: Grenzflächenmikrofonie...

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MA

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von MA » Sa 9. Feb 2008, 12:04

Hast Du das schon einmal mit Erfolg ausprobiert ? Ich habe vor Jahren in einer amerkanischen Zeitschrift gelesen, Philips ( Onno Scholze ) habe dies bei Aufnahmen aus dem Marinski-Theater so praktiziert. Dort waren es 4 Kugeln. Der Rezensent war vom Ergebnis sehr angetan. Ich habe immer schon vorgehabt, das einmal zu testen und mache das auch demnächst, es sei denn, man würde mir von vornherein davon abraten. Dann würde ich mir die Mühe sparen.
Vielleicht gibt es hier jemanden, der qualifiziert hierzu etwas sagen kann. Zwar hat sich Tonmaus, der, soweit ich es verstanden habe, Dipl.Tonmeister und damit echter Fachmann ist, schon kritisch geäußert, aber beruht diese Auffassung auf eigenen Versuchen ?
Die Seite von ebs gibt nur gute Anhaltspunkte für die Panoramaeinstellungen, im konkreten Einzelfall darf /sollte man jedoch ruhig etwas herumexperimentieren.
Den optisch unauffälligen Mikrofonen gehört ganz klar die Zukunft. Wer professionell aufnimmt, muß diese im Bedarfsfall zwingend vorweisen können. "Hab' ich nich', kann ich nich' " gehört in die Planwirtschaft oder den öffentlichen Dienst. In der Marktwirtschaft kann man mit solchen Standpunkten nach Hause gehen.
Wenn das Problem der unauffälligen Mikrofonierung alle Jahre wieder auftritt, könnte man sich mit der von Linkwitz vorgeschlagenen Modifizierung von Panasonic WM 61 A-Kapseln behelfen, die ganz ausgezeichnet klingen, eine enorme Klangneutralität aufweisen, fast nichts kosten, und sehr unauffällig an sehr feinen Selbstbaustativen ( so viel Mühe wird sein müssen ) befestigen kann. das rauschen dürfte bei Bläsern kaum eine Rolle spielen. Das ist jetzt war keine Lösung für die nächste Zukunft, aber man sollte dies im Auge behalten.
Viele Grüße
MA
Dirk F

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von Dirk F » Sa 9. Feb 2008, 17:26

Hallo,
Philips hat das, wenn ich mich recht erinnere, bei mehreren Produktionen so gemacht, 2 oder 4 4006 auf den Bühnenrand "geklebt", um die Sänger aufzunehmen. Wichtig dabei zu wissen ist, daß damals bewußt gewählt wurde die normale Aufführungssituation beizubehalten, also Podium Orchester. Die Grenzflächen waren dabei nur verantwortlich für das Podiumsgeschehen. Übrigens ist diese Arbeitsweise gar nicht ungewöhnlich, nur muß man die Choreographie ein wenig im Auge behalten, falls mehrere Mikrofone über das Podium verteilt werden, denn man kann bei zuviel Übersprechen Klangveränderungen bekommen. Onno, aber auch Erdo Groot, haben so weit ich weiß jedoch wirkliche Stereosysteme von 2 oder 4 Mikrofonen gelegt.

Die lustige Anekdote über Onno ist, daß er in das Podium Löcher gebohrt hat, in die er die Mikros eingelassen hat. Zum Glück aber ging es um einen erweiterten Anbau des Podiumrandes, denn das traditionsreiche Haus hätte das sicherlich nicht gerne gehabt, wenn in das wirkliche Podium gebohrt wurde. Ich glaube, es war eine Co-produktion mit der BBC damals, wo auch ein Pferd über das Podium gedonnert ist, und man wollte halt den "Trittschall" entkoppeln.
Die Kirov-aufnahmen sind sehr interessant, denn sie zeigen, daß man mit wenig Mitteln ausgezeichnete Resultate bekommen kann. Chovantsjina z.B. wurde nur mit einem 4-Mikrofonhauptsystem aufgenommen, ähnlich wie Prokoffiefs Romeo& Julia. Ausserdem wurde bewußt gewählt, die Theaterakustik des Marinskii beizubehalten, und nicht dieses Repertoire in unnatürlich halligen Räumen aufzunehmen. Dieses kann man schön hören und, so finde ich, verleiht es der Musik eine extra Dimension.
Gr.
Dirk
MA

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von MA » Sa 9. Feb 2008, 18:12

Lieber DirkF,
jetzt erinnere ich mich, daß es das Kirov-Theater war, in dem diese Aufnahmen entstanden.
Die Aufnahmen aus dem neu eröffneten Marinskitheater sind im Fernsehen vor einigen Monaten übertragen worden. Dort sah man ganz niedrig aufgestellte 4006, vielleicht aber auch 4011, genau kann ich mich jetzt nicht erinnern, auf konventionellen K & M-Stativen direkt vor den Streichern. Der Klang war in Ordnung, man kann also auch so vorgehen, dh. mit sehr niedrig positionierten linearen Nieren oder Kugeln. Mit z.B. 2 - 4 DF-Kugeln kann man das auch machen, zumindest bei Bläsern, die Kugeln müssen jedoch seitlich, im 90 Grad Winkel, angesprochen, d.h. steil nach unten gestellt werden , Abstand vielleicht max. 2m, die Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Instrument, nicht mehr als Sitzhöhe. So ginge es zur Not und mit erstaunlich guten Ergebnissen auch. Die Mikros fügen sich dann optisch ganz gut in den Notenständerwald ein.
Aber noch einmal zurück zu den Kirov-Aufnahmen: Das Orchester wurde demzufolge ganz konventionell augenommen, oder ? Es wurden also nur die Sänger mit diesem Grenzflächensystem aufgenommen?
Mir fallt jetzt übrigens auch noch ein, daß Onno Scholtze bei einer der Aufnahmen nur einen passiven Mixer mit irgendsoeinem Röhren - Tüdeldüüt - Summenverstärker gehabt haben soll. Der Rest der Ausrüstung soll ausgefallen und Ersatz nicht greifbar gewesen sein. Ich meine mich auch erinnern zu können, daß die 4 Schoepskugeln alles waren, was er für die Opernaufnahme aufgrund es Passivmixers benutzen konnte. Vielleicht weiß jemand hierzu Näheres.
Wenn dem so war, könnte also die Fußbodenlösung etwas bringen. Ich befürchte jedoch, daß der Störschall, wie er z.B. durch Füßescharren, Stühlerücken oder ähnliche Bewegungen entsteht, der "Hauptfeind" des Erfolges sein könnte. Trotz der in der Literatur geschilderten Klangbalance-Problematik ( zuviel Tiefen ) habe ich nicht den blassesten Schimmer, welcher Klang mich konkret erwartet. Ich werde auf jeden Fall berichten. Übrigens: Das ist bei mir natürlich nur ein Testaufbau neben einer "ausprobierten" Mikrofonierung.
Herzliche Grüße
MA
Dirk F

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von Dirk F » Sa 9. Feb 2008, 18:19

Hallo,
Onno und seine Kollegen haben für Romeo & Julia meiner Meinung nach 4006 verwendet. Für andere Produktionen wurden die selbstgebauten Geräte von Jaap de Jong verwendet - er hat strikt mit Röhren gearbeitet, da dies die Technik war, die er beherrschte. Seine Auffassung war, daß es weniger darum geht, ob man Transistoren, Röhren oder sonstwas einsetzt, sondern *wie* diese in eine Schaltung eingebunden werden. Er hat einen kompletten Mischer in Röhrentechnik gebaut, sowie die Impedanzwandler vor allem der Schoeps modifiziert. Leider habe ich die Geräte nie gesehen, Onno ist aber davon begeistert und in der Tat klingen die Aufnahmen ja ausgezeichnet.
Gr.
Dirk
Tonmaus

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von Tonmaus » Sa 9. Feb 2008, 19:06

"Zwar hat sich Tonmaus, der, soweit ich es verstanden habe, Dipl.Tonmeister und damit echter Fachmann ist, schon kritisch geäußert, aber beruht diese Auffassung auf eigenen Versuchen ?"
Durchaus. Und zwar mit den kleinen Grenzflächen von Schoeps und den Grenzflächen aus der KM 100 Reihe, sowie mit der legendären Plexiwand (aufrecht stehend) die seinerzeit im Teldec Studio in Berlin stand, wo eine Gruppe von Studenten die Ehre hatte mit EBS experimentieren zu können. Diese Aufstellung dürfte jedoch kaum in Frage kommen, da alles andere als unauffällig.
Ich habe allerdings nie normale Druckempfänger einfach auf den Boden gelegt, noch dies jemanden erfolgreich tun sehen, schon gar nicht Eberhard. (Er mag uns darüber erhellen, wenn es was dazu zu sagen gäbe...).
Meine Erfahrung ist einfach, dass es in der Praxis selten vorkommt dass man geeignete Aufstellungsorte für Grenzflächen als Hauptsystem findet. Und selbst wenn sind sie einigermaßen schwer auszurichten.
Gegen das Prinzip ist wenig zu sagen.

" "Hab' ich nich', kann ich nich' " gehört in die Planwirtschaft oder den öffentlichen Dienst. "
Dem kann ich mich nur anschließen.
"Wenn das Problem der unauffälligen Mikrofonierung alle Jahre wieder auftritt, ..."
Also, unaufällige Mikrofone gibt es bereits wie Sand am Meer. Da muss man eventuell Holländer sein, oder mehr Zeit als Geld haben um noch mal Hand anlegen zu wollen, denke ich.
Grüße,
Tonmaus
Corti-Son

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von Corti-Son » Mo 11. Feb 2008, 13:06

Wenn man nach Art der AB-Laufzeitstereofonie nicht typischerweise zwei Kugelmikrofone mit einer bekannten Mikrofonbasis (Abstand zwischen den Mikrofonen) vor ein Orchester stellt, so fällt mir auf, dass bei der Verwendung von zwei Grenzflächenmikrofonen mit der gleichen Mikrofonbasis vor das Orchester gelegt eine deutlich engere Abbildung auf der Lautsprecherbasis ergeben.
Hat das überhaupt schon einmal jemand bemerkt und kann man mir das plausibel erklären, warum das so ist?
Folgende Theoriegrundlagen treffen für Laufzeit-Stereofonie mit zwei Kugelmikrofonen oder auch mit zwei Nierenmikrofonen praktisch sehr gut zu:
http://www.sengpielaudio.com/TheorieGrundlaLaufzeit.pdf
Bei der Verwendung von zwei auf den Boden gelegten Grenzflächenmikrofonen ("Halbkugeln") für die AB-Stereofonie habe ich den Eindruck, ich muss die Mikrofonbasis doppelt so groß wie errechnet machen, um etwa dieselbe Abbildungsbreite meines Klangkörpers zu erhalten wie mit "normal" aufgestellten Mikrofonen.
MarkusP

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von MarkusP » Mo 11. Feb 2008, 13:57

Hallo Tonmaus,
normale Kleinmembranen als Bodenmikrophone zu verwenden ist jahrelang im ICC-Berlin praktiziert worden, dort sogar zu Beschallungszwecken. Die klanglichen Resultate sind recht brauchbar.
Dies ganze ist auch in einem alten Bericht von einer Tonmeistertagung dokumentiert. Er liegt mir leider gerade nicht vor, müßte anfang der 80-er gewesen sein.
Dort wurden sogar KM84, also Nieren, verwendet. Dies geht natürlich nur bei ausreichend trittschallfesten Bühnenboden.
Gruß aus Berlin
MarkusP.
Cons

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von Cons » Do 14. Feb 2008, 12:47

Also ich habe mal ein Konzert in der Philharmonie in Dresden mit GFs aufgenommen. Ich hab die AKGs C541 benutzt, oder wie die heißen. Da hieß es auch, keine Stative (vorne) etc., Zugang zur Haustechnik hatte ich auch nicht. Komischerweise wurde gar nicht gefilmt. War glaub ich reine Schikane. War auch ein Laienorchester und es ging um ne Archivaufnahme. Klang dafür ganz gut. Klar, die AKGs sind keine dollen Mikros, aber es ging schon. Hab sie in Groß AB aufgestellt, bzw. gelegt. Dazu kamen dann aber noch Stützen auf Stativen, das war dann erlaubt. Insgesamt für ne Archivaufnahme aber ausreichend. Hier ging es um ein großes Symphonieorchster. Eine Bigband könnte man so auch ohne Stützen hinbekommen.
Anonsten würde ich sagen: Wenn Dein Ruf nicht auf dem Spiel steht, es ein kleines Ensemble ist und die sich weiterhin weigern, Stative zu erlauben, dann mach's doch einfach. Hast ja wenig zu verlieren.
Obwohl ich ansonsten durchaus zustimmen möchte, dass das echt dumm vom Veranstalter ist, dem TV Vorrang zu geben und man da eigentlich stur bleiben sollte. Im Fernsehen sieht man ständig die Stützmikros und wen stört das schon? Laien nehmen sie of gar nicht wahr
Rainer

Re: Grenzflächenmikrofonie...

Beitrag von Rainer » Do 14. Feb 2008, 13:10

Kollegen, Ihr macht mit solchen intoleranten Verantstaltern viel zu viel Federlesen.
Wenn die keine Mikrofonständer erlauben oder nur alles mit nur 2 Mikrofonen aufgenommen haben wollen: LEHNT DEN AUFTRAG STRIKT AB!!
Wenn das jeder konsequent so macht, dann werden die Veranstalter sich irgendwann mal überlegen welcher Methode sie den Vorrang geben.
Sollen sie doch dann selbst aufnehmen - eben mit primitiven Amateurmitteln und ihren Scheiß selbst verkaufen. Dann blamieren DIE sich eben und nicht wir Profis.
Das geht solange gut, wie man Käufer für diesen Dreck hat die keinen Violinschlüssel von einem Türschlüssel unterscheiden können.

MfG
Rainer
hafi69

Zappa Interview 1984 (PZM)

Beitrag von hafi69 » Fr 8. Feb 2008, 16:43

Hier gibt es ein paar interessante Hinweise:
""Steve Birchall: During the recent AES Conference in Anaheim, I hear a lot of talk about your Orchestral Works album. Your name came up quite a number of times in the various sessions. Your use of Pressure Zone Mikes was one of the topics; why did you choose PZMs? What advantages do they have over conventional types of mikes?
Frank Zappa: I got a type of isolation, plus a feeling of "airiness" that I couldn't get with any other mikes. We tried to get a good concert hall in England, but they were all booked up, so we wound up recording the entire LSO album at Twickenham Studios -- in a totally dead movie soundstage. That's one of the worst kinds of environments to put an orchestra into, because the sound just dies, and the musicians can't really hear each other, so they can't get the right balance.
Steve Birchall: Did you multi-mike it?
Frank Zappa: It was a multi-track recording using about 60 inputs. Of course, about 20 were for the drum set alone.
Steve Birchall: Did you put them on the floor, or overhead?
Frank Zappa: Every way you can imagine. We had little scoop plastic dish things that went over pairs of violin stands. We had little wedges that sat on the floor in front of the celli and basses. We had big 4 by 4 plexiglass sheets hung on the wall behind the percussion. We experimented around. We tried normal mikes that people use for orchestral instruments. The leakage and the loss of control that we had was a big problem. In recording an orchestra, you know it's going to be an ambient recording anyway, but you'd at least like the instrument you're featuring on that mike to be predominant on that track. We liked it with the PZMs. They have a couple of problems, but I don't know whether they've solved them yet. The PZMs have a sound all their own -- some people like it and some people don't. The other problem is that the wires coming out of them are small. People have a tendency to step on them and kick them. Then, during the middle of your recording, you say, "What is that crackle?" Then you've got to go out there and find which of the 30 or 40 microphones had its wire disturbed.
Steve Birchall: That's a real, practical problem that nobody has given much attention to.
Frank Zappa: We discussed all this with Ken Wahrenbrock [an authority on PZMs], and gave him a full report on all the things we encountered that were negative when we did the recording over there. I hope that some of the ideas get incorporated. He's a real nice man -- he's been over here a number of times, and he's worked with us trying to help us get the right stuff to do there recordings. I used a couple of PZMs on the Boulez recording, in the ambient position.""
Das ganze Interview:


A Conversation with Frank Zappa
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