Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

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Andreas O

Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Andreas O » Do 25. Jan 2007, 11:08

Als Musiker beschäftige ich mich ein wenig mit der Aufnahme- und der Wiedergabetechnik.
Der Zweck einer akustischen Behandlung ist, die Qualität des Klangs in einem Raum zu verbessern. Allgemeine Probleme sind Echos zu starke frühe Reflexionen, zu viel oder zu wenig Tiefen, schlechte Stereodeutlichkeit und unklare Lokalisation und im Allgemeinen eben ein verwaschener Klang. Tiefe Frequenzen sind mit den Frequenzgangveränderungen häufig das größte Problem, besonders bei kleineren Räumen.
Ich gehe davon aus, dass eine Aufnahme mit dem Dirigenten Daniel Barenboim 1982 und dem Orchestre de Paris mit dem Bolero von Ravel klangliche Aussagekraft besitzt. Nun kam ich auf die Idee, dieses Stück als Referenz-Stück zu nehmen, um den Klang in meinen Abhörraum vor und nach der Behandlung mit akustischen Maßnahmen zu vergleichen.
Dabei habe ich unterstellt: Je besser die Richtungslokalisation der einzelnen Instrumente beim Hören ist, und dieses mit der allgemeinen Besetzung eines Orchesters übereinstimmt, je mehr haben sich die Abhörbedingungen verbessert.
Beispiel: Die kleine Trommel steht bei diesem Stück vorne, dieses ist jetzt klar und deutlich zu hören. Die Bässe kann man nun zumindest eher rechts, als verstreut im Gesamtbild lokalisieren. Klar und deutlich ist zu hören, dass Fagotte und Oboen leicht rechts, aber fast aus der Mitte kommen und leicht höher (?) als die Violinen und Bratschen zwischen den Stereolautsprechern.
Kann man auf diese Weise einen Raum beurteilen? Was gibt es noch für Möglichkeiten?

Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

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Karem

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Karem » Do 25. Jan 2007, 13:09

Interessant für uns wäre, mit welchen Mitteln und an welchen Stellen du deinen
Abhörraum mit akustischen Maßnahmen (acoustical treatment) behandelt hast.
Für Homerecording ist der Name Ethan Winer ein Begriff:
http://www.ethanwiner.com/
Bass-Traps:
http://www.ethanwiner.com/basstrap.html
Acoustic Treatment and Design for Listening Rooms:
http://www.ethanwiner.com/acoustics.html
Ka-Lau

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Ka-Lau » Do 25. Jan 2007, 14:40

http://www.hifi-forum.de/viewthread-72-926.html
Thread: Akustikverbesserung mit Plattenschwingern.
http://www.rahe-kraft.de/cms/services/a ... ils.de.htm
Wer nicht hören kann, der hat die Möglichkeit was zu messen.
http://www.rahe-kraft.de/cms/services/a ... ing.de.htm
Qualität ist angeblich messbar.
http://www.kfs.oeaw.ac.at/research/TM_h ... straum.pdf
Reflexionsarmer Abhör- und Testraum.
Nielow

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Nielow » Do 25. Jan 2007, 18:01

Was machst du in dem Abhörraum? Wenn du nur Musik hören willst ist dein Ansatz richtig. Wenn du Mischen bzw. die Aufnahmequalität beurteilen willst, kommst du mit dem Ansatz über ein gewisses Niveau nicht hinaus.
Beispiel:
Du absorbierst in Deinem Raum zu viele hohe Frequenzen. Du kontrollierst mit Musik und es klingt schon mal anders. Vielleicht findest du den Klang besser - weil trockener. Jetzt klingt dein Raum zu dumpf und dein Exciter wird dein neues Lieblingsspielzeug. Andersrum ist das natürlich auch denkbar.

Frühe Reflektionen sind auch nur bedingt zu hören, meist verändern sie den Frequenzgang, ohne dass du so sehr viel davon mitbekommst. Die Lösung ist nur gut Rechnen und hinterher messen. Zumindest wenn der Raum neutral werden soll. Wenn man nicht messen kann, lässt sich auch einiges in Grenzen erreichen, wenn man weiß was man tut.
Natürlich gewöhnen sich die Ohren an fast alles - es sollen schon Meisterwerke Rumpelkammern gemixt worden sein.
pkautzsch

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von pkautzsch » Fr 26. Jan 2007, 00:59

wenn ich noch ergänzen darf zum Thema "Gewöhnung":
Wenn nur eine Person den Raum nutzt, dann muß diese Person den Raum gut kennen - ob der dann "neutral" ist oder etwas dumpf oder bassarm, ist relativ egal, solange die Person sich auf den Raum einstellt. Wenn die Person sich fremde kommerzielle Produktionen anhört, wird es auch möglich sein, den Klang eigener Produktionen zu beurteilen.
Sobald aber jemand, der den Raum nicht kennt, darin arbeitet, wird er den Klang auf falsche Weise verbiegen. Für kommerzielle Regieräume taugt das darum nicht wirklich - da hilft nur Messung und entsprechende Anpassung.
Nielow

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Nielow » Fr 26. Jan 2007, 01:27

Das kann man nur unterstreichen! Ein ausgewogener Frequenzgang ist für einen Benutzer nicht zwingend nötig.

Aber selbst dann sollte man sich mit ein paar Sachen beschäftigen, die unabhängig von Gewöhnung sind:
Wenn man die frühen Reflektionen (unter 15-20 ms) nicht in den Griff bekommt (15 dB unter Direktsignal dämpft) verschwimmt das Stereobild, der Frequenzgang ändert sich mit der Kopfbewegung, außerdem wird man Perkussive Signale nicht mehr gut einschätzen können und störenden Raumklang auf der Aufnahme schwerer erkennen. (Kopfhörer können hier helfen)
Raummoden führen nunmal dazu das man bestimmte Bassfrequenzen(in kleinen Räumen auch Mitten) je nach position kaum noch hört, während andere Dröhnen. Wenn ich meiner Kick etwas mehr 100Hz geben will und ich die in meinem Raum nicht höre, hilft gewöhnen auch nichts. (auch hier können Kopfhörer helfen)
Kormoran

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Kormoran » Fr 26. Jan 2007, 09:02

Zum Bolero von Ravel: Die kleine Trommel steht bei diesem Stück vorne, dieses ist jetzt klar und deutlich zu hören.
Das ist verwunderlich, denn bei einem Symphonieorchester steht die kleine Trommel immer hinten in der Höhe der Pauken und niemals vorne neben dem Dirigenten. Sicher muss die Konzerttrommel gestützt werden, damit der Klang nicht schwimmt. Aber dass sie "vorne" zu hören ist, ist unüblich. Vielleicht war das ein dramaturgischer Einfall eines jüngeren Tonregisseurs, der die übliche "Verbrauchsmusik" im Ohr hatte. :-)
.Jens

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von .Jens » Fr 26. Jan 2007, 10:44

Moin...
"Das ist verwunderlich, denn bei einem Symphonieorchester steht die kleine Trommel immer hinten in der Höhe der Pauken und niemals vorne neben dem Dirigenten. "
Noch viel verwunderlicher ist es, wie oft man in diesem Forum die Worte "immer" und "nie" liest. Einerseits wird hier immer wieder (zu Recht) betont, dass es keine Patentrezepte ("Kochrezepte") gäbe - auf der anderen Seite wird ganz oft kategorisch verneint, dass dies und das sein könne.
Beim Bolero ist die Trommel ein Solo-Instrument bzw. kann zumindest ohne Bauchschmerzen als solches aufgefasst werden. Solisten allerdings stehen doch wohl öfter mal (um das Wort "immer" zu vermeiden) neben dem Dirigenten. Und ich meine mich schwch erinnern zu können, bereits mindestens eine Aufführung des Bolero auf diese Art und Weise gesehen zu haben. Wenn das bei der aufgenommenen Aufführung auch so war, dann macht der Tontechniker alles richtig, wenn er diese Aufstellung auch akustisch umsetzt. Vielleicht hat hier auch der künstlerische Leiter einfach mal einen "dramaturgischen Einfall" gehabt? Oder ist das verboten?
Jens
philoton

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von philoton » Fr 26. Jan 2007, 10:47

Als einer, der dieses Stück nun schon mehrere Mal an der kleinen Trommel gespielt hat (ja, mit professionellen Orchestern!), erlaube ich mir ebenfalls anzumerken, dass die Aufstellung der kleinen Trommel beim Bolero neben dem Dirigenten oder zumindest auf Höhe der ersten Streicherpulte absolut üblich ist. Es handelt sich also nicht um einen dramaturgischen Einfall des Tontechnikrs, sondern schlicht um die Wiedergabe der realen Hörsituation.
Gruss
philoton
Joko

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Joko » Fr 26. Jan 2007, 18:18

Trotzdem ist das Aufstellen der Konzerttrommel vorn in der ersten Orchesterreihe etwas unüblich. Das will ja nicht heißen, dass ein Dirigent der recht modern erscheinen will, sich diesen Wunsch nicht erfüllen könnte. Man kann ja noch den Drummer auf ein Podest stellen und einen Spot-Scheinwerfer auf ihn richten. Geil!
Tonzauberer

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Tonzauberer » Fr 26. Jan 2007, 18:22

gerade beim Bolero aber durchaus gängige Aufführungspraxis.
Der Wird schließlich mit bis zu 4 Trommlern gespielt.
pkautzsch

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von pkautzsch » Fr 26. Jan 2007, 18:43

Beim Klarinettenkonzert stellt man die Klarinette ja auch nicht hinter die Streicher, oder?
Ton ist alles!

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von Ton ist alles! » Fr 26. Jan 2007, 19:25

Was hat ein Klarinettenkonzert zum Beispiel das bekannte von Mozart, also ein Klarinettensolist und Orchester, mit dem Bolero von Ravel zu tun?
pkautzsch

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von pkautzsch » Sa 27. Jan 2007, 01:43

Was das miteinander zu tun hat?
siehe oben: die solistische Rolle der kl. Trommel. Der Bolero ist nun wirklich kein unbekanntes Nischenwerk, das kann man eigentlich als Grundwissen ansehen.
Freilich ist es immer gut, Dinge zu hinterfragen. Bei Bachschen "Brandenburgischen" z.B. müssen die Solisten ja keineswegs vor dem Orchester stehen - z.B. spielt das Cembalo ja auch Continuo zwischendurch. Wieso also die eigentlich ja monoton das immer gleiche Pattern durchspielende Trommel vorne? Daß es "oft" so gemacht wird, ist keine ausreichende Begründung, denn es beantwortet nicht, warum irgendjemand mal angefangen hat, die Trommel vorne hinzustellen. Möglicherweise hängt es mit der Rolle der Castagnetten beim spanischen Tanz, der als Vorlage für Ravels Komposition diente, zusammen. http://de.wikipedia.org/wiki/Bolero_%28Tanz%29
Die Castagnetten hat Ravel offensichtlich mittels der kleinen Trommel (1928 ein durchaus etabliertes Orchesterinstrument - im Gegensatz zu den eigentlich "richtigen" Castagnetten!) nachempfunden.
philoton

Re: Beurteilung der Raumakustik im Abhörraum

Beitrag von philoton » Sa 27. Jan 2007, 08:48

Guten Morgen,
wie gesagt: Die Trommel nach vorne zu stellen ist eine gängige Praxis beim Bolero. Aus meiner langen Erfahrung als Orchestermusiker (Schlagzeug) weiss ich, dass das vor allem praktische Gründe hat: Auch in der live-Situation gibt es Laufzeitunterschiede und es ist beispielsweise für ein Orchester (gerade an den vorderen Streicherpulten) nicht ganz einfach, sich nach einem Trommler zu richten (Timing), der 10 Meter weiter hinten sitzt. D.h. es geht hier schlicht um ein besseres Zusammenspiel der einzelnen Instrumentengruppen mit der kleinen Trommel. Das wäre wie ein Musiker der sein Metronom 10 Meter weit weg stellt und versucht, danach zu spielen, während seine 80 Kollegen dasselbe versuchen ;-)
Daher auch der Hinweis in meinem ersten Posting, dass die Trommel keineswegs GANZ VORNE steht, sondern eher auf Höhe der ersten Streicherpulte, bzw. zwischen 2. Geigen und Bratschen (jaja, je nach Orchesteraufstellung, ich weiss, ich weiss...): Also: Mitten in den Streichern, zentral im Orchester, gut hörbar für jedermann um ihn herum.
Fazit: Weder ein tontechnischer, noch ein künstlerischer Gimmick, sondern aufgrund der Bühnengrösse oft ein musikalisch zwingender Grund.
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