Ist denn nicht der Pianist selbst in hohem Maße für den "Klang",
geprägt durch Ausdruck/Dynamik/Interpretation etc. (nicht Intonation...)
im Zusammenhang mit den akustischen Raumbedingungen verantwortlich?
Jein ...
"Intonation" eines Klavieres/Flügels bedeutet:
- dem Instrument einen "ausgewogenen" Klangcharakter geben. Ohrenfällige Unterschiede zwischen einzelnen Tönen treten z.B. gerne an den Spreizen auf ...
- "Abklingen" - die Hämmer durch Feilen so bearbeiten, daß im mehrchörigen Bezug alle Saiten eines Chores gleichzeitig angeschlagen werden. Ansonsten wird der Ton leicht "scharf" oder "klirrend"
- durch Stechen der Hammerfilze mit der Intoniernadel den Filz auflockern und den Klang "weicher" oder durch Tränken (Steinway macht dies) der Hammerfilze den Ton "härter" machen. Durch eine gute Intonation gewinnt ein Instrument auch an Klangfarben. Hier zählt die Erfahung des Intoneurs - ein TONtechniker sollte also dringend die Hände von solchen Versuchen lassen. >:->
- Nachregulation der Mechanik (Tastentiefgang, Auslösung, u.a.)
Nach einiger Zeit flachen die Hämmer an den Anschlagstellen ab - der Ton wird "undiffernzierter" und verliert seinen Charakter. Bei einer Neuintonation werden die Hammerköpfe mit einer Hammerfilzfeile abgezogen, damit die Hämmer wieder eine runde (eigentlich sogar leicht angespitze) Form erhalten. Dieses Abziehen ist je nach Hammerköpfen und Instrument zwei- bis dreimal möglich ...
Aber selbst bei Instrumenten für Konzerte oder Aufnahmen tritt immer wieder die Notwendigkeit auf, "Ohrenzieher" nach zu intonieren.
Wenn ein Abziehen nicht mehr möglich ist, lassen sich die Hammerköpfe neu beziehen. Die entsprechenden Firmen (z.B. Renner, Abel) bieten passend zu dem individuellen Instrument (auch historischen) verschiedene Hammerfilzqualitäten an, sodaß man anschließend Hämmer in einer Qualität entsprechend dem Neuzustand erhält.
Leider reichen Neubefilzung oder auch neue Hammerköpfe nicht aus - es folgt die ganze Prozedur mit Ausrichten auf die Saiten, Abklingen, Intonation mit Stechen (und / oder Tränken), Regulation der Mechanik. Dabei wird die Mechanik einige 100 mal rausgezogen und wieder reingeschoben ...
Der Arbeitsaufwand für eine Intonation beträgt ein, mitunter sogar zwei Tage.
Natürlich kann man dabei den Charakter eines Instrumentes weitgehend manipulieren, es gibt Wahnsinnige, die aus einem Bösendorfer einen Steinway machen wollen. Aber auch das Gegenteil habe ich schon gesehen: Einen Steinway "D", auf damaligen Wunsch des Studios völlig weich gestochen, sodaß der Charakter des Flügels schon fast verloren war - aber auf Aufnahmen klang der der Flügel hervorragend. Nun wurde der Flügel jedoch verkauft, damit waren neue Hämmer nötig, um aus diesem Instrument wieder einen Steinway zu machen ...
Zwar macht der Pianist "die Musik", doch ein abgespieltes, nicht intoniertes Instrument wird als solches immer heraushörbar sein ...
Intonation ist ein arbeitsintensiver und damit kostenträchtiger Prozeß, in den die "teueren" Hersteller investieren, der bei manchem Fernost-Produkt eingespart wird. Es ist deshalb durchaus möglich, einen "preiswerteren" Flügel zu kaufen und ihn durch einen Klavierbauer wesentlich verbessern zu lassen. Aber auch für einen neuen Konzert- oder Studioflügel sollte es selbstverständlich sein, daß er am Standort nachintoniert und auf den Raum angepaßt wird.
Abschließend noch ein paar Bilder und Infos von Christian Schoke, Blüthner Händler und Klavierbauer in Köln:
http://www.schoke.de/stimmung_konzertbetreuung2.html
http://www.schoke.de/stimmung_konzertbetreuung3.html
http://www.schoke.de/stimmung2.html